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Anfangssätze und Anmachsprüche sind gar nicht so verschieden... // Ria

Aktualisiert: 29. Nov. 2022


Oder auch: Warum der Anfang auch gleich wieder das Ende sein kann


Auch schon mal angemacht worden? Sicherlich hat es der ein oder andere schon hinter sich - sei es auf einer Dating App, einer Partnervermittlungsseite oder im echten Leben (was, das gibt es auch noch?): Irgendjemand versucht zu einem durchzudringen. Dabei kann einem alles - von cheesy Catchline bis gelungenem Eisbrecher - vor die Füße fallen. Aber was ist der Sinn von solchen Anmachsprüchen? Nun, in der Regel will man wohl ein Stück seines Charakters präsentieren, zum anderen will man seinem Gegenüber auf sich neugierig machen.


Tatsächlich ist es bei Anfangssätzen von Büchern nicht viel anders


Anfangssätze sollten tatsächlich gut durchdacht sein.

Solltest du uns schon eine Weile folgen und die vorhandenen Blogeinträge gelesen haben, dann weißt du bereits, dass wir zurzeit auch viel Zeit in Fachliteratur stecken. Anfangssätze werden in zwei von ihnen behandelt und wir müssen zugeben, dass wir bisher wenig Gedanken in unsere Anfangssätze gesteckt haben, das Thema aber super interessant ist! Wer ebenfalls etwas darüber lesen will, dem seien Sol Steins "Über das Schreiben" und "Der Bestsellercode" von Jodie Archer & Matthew L. Jokers ans Herz gelegt.

In einer Sache sind sich alle diese Autoren einig:


Der erste Satz muss etwas vermitteln.


Der erste Satz sollte im Idealfall vermitteln, was man von dem Charakter zu erwarten hat (ähnlich wie ein Anmachspruch) und einen Konflikt in Aussicht stellen (ganz und gar nicht, wie ein Anmachspruch ;'D). Im Beststellerscode werden daher unter anderem die ersten Sätze von Stephen Kings "The Shining" und Jane Austens "Stolz und Vorurteil" unter die Lupe genommen und wenn man die Erkenntnis, wozu ein Anfangssatz dienen kann erst einmal hatte, dann erkennt man den Kniff irgendwie überall.


Lange ich zum Beispiel einmal rüber in mein Bucherregal bekomme ich "Die Enklave" von Ann Aguirre zugreifen. Der erste Satz des Buches lautet: "Ich wurde während zweiten Holocaust geboren." Die Wirkung des Satzes ist klar zu sehen. Auch wenn der Satz noch nicht viel über den Charakter des Protagonisten aussagt, so winkt doch ein massiver Konflikt - und das nicht gerade vom Weiten. Der Satz erfüllt also "seinen Job".


Erin und ich wurden neugierig, doch nicht nur auf veröffentlichte Romane, die wir kennen, sondern auf unseren Kram. Wie gut hatten wir das vielleicht hinbekommen, ohne darüber nachzudenken? Oder wie kläglich hatten wir verkackt? Auf unserem Wattpad Profil hatten wir schon eine ganze Ecke an kleinen Novellen und ausschweifenden Büchern geschrieben und das Ergebnis wollten wir euch nicht vorenthalten. Zeit einfach mal ein paar unserer Anfangssätze zu bewerten.


Auf gehts!


"Ich hatte nicht gewusst, dass ich einen Burlesque-Club in meinem Leben brauchte, aber ich tat es wohl, denn ich war selten so ansprechend und gut unterhalten worden."


Der Satz ist von mir und er ist furchtbar. So wirklich was über den Charakter bekommt man nicht raus, außer dass er vielleicht etwas versnobt wirkt und einen Konflikt haben wir auch nicht. Wir geben einen Trostpunkt für den Burlesque-Club, der ist immerhin verwegen. Das muss dringend besser werden, denn der derzeitige Plan sieht vor, dass dieses Buch als Nächstes dran kommt. Da muss ein neuer Anfang her. [2 von 10]



"Ich schreckte aus dem Schlaf hoch und blinzelte angestrengt."


Auch einer von mir und ich kann es nicht schönreden. Einfach nur ein nichtssagendes Klischee. [1 von 10]



"Du stehst mit deinen Schulfreundinnen auf dem Schulhof und alles, was ihr in dieser Zeit zu tun habt, ist über belangloses Zeug zu reden."


Ja, okay. Wenn wir sonst nix zu tun haben, klappen wir wohl mal das Buch wieder zu. Zumal die Sicht ein recht seltsames Experiment war. [1 von 10]



"Mit einem angestrengten Seufzen ging ich in Deckung."


Das ist schon besser. Auch das ist ein Anfang von mir. Ich mag den tatsächlich immer noch. Dass der Protagonist in Deckung geht, zeigt schon, dass irgendwas Gefährliches passiert. Doch statt sich aufgeregt in Deckung zu schwingen, seufzt er nur - was sehr gut den Mood wieder gibt, denn er im Buch so verbreitet. [7 von 10]



"Wie in aller Welt bis du an eine seiner Locken gekommen?"


Als ich diesen Anfang wiederfand, musste ich glatte ein bisschen Grinsen. Auch der kommt von mir und ich würde ihn tatsächlich nicht ändern, denn er ist überraschend und irgendwie witzig. Außerdem wird dem Leser subtil klar, dass ein Konflikt vorliegt, denn jemandem eine Locke zu klauen ist sicher nichts, was man so, Tag ein Tag aus, macht. Gleichzeitig wird klar: Unser Protagonist ist dreist genug, es trotzdem zu tun. [8,5 von 10]



"Ich war sowas von gefickt."


Das ist doch mal eine Ansage! Mit diesem Satz startet eines von Erins Solos. Es wird gleich klar, dass dieser Protagonist kein Blatt vor den Mund nimmt - und ein Problem hat er ganz offensichtlich auch. Noch stärker wird dieser Beginn mit den Sätzen, die folgen: "Nicht die gute Art von gefickt. Eher die, wo man sich die Haare färbte und dann nach Japan rüber schwamm, um ein neues Leben zu beginnen (oder unterwegs abzusaufen)" Der Humor, der im Buch zu erwarten ist, wird schön deutlich. [8,5 von 10]



"Ein unzufriedenes Knurren verließ meine aufgeplatze Lippe und ich versuchte möglichst gerade zu gehen."


Hier haben wir jemanden mit stolz, der offensichtlich ordentlich einstecken musste. Auch hier blickt der Charakter durch und ein Konflikt lauert schon um die Ecke. Ein ordentlicher Start. [7 von 10]



"Ich presste mich mit dem Rücken an den Baum hinter mir und schloss die Augen einen Augenblick - mit einem stummen Gebet auf den Lippen, dass es mich nicht kriegen würde."


Ein Protagonist in Lebensgefahr - immer wieder ein Leckerli für den Leser, der auf Spannung gleich auf der ersten Seite steht. Ich persönlich mag solche Anfänge ganz gerne und mich motivieren sie stets, wenigstens die ersten Seiten zu lesen - und das ist ja der Sinn der Sache. [8 von 10]



"Du weißt, dein bester Freund liebt dich, wenn er sich selber mit dir shipt."


Der ist wieder von mir. Eine ehrenwerte Erwähnung, die nicht der stärkste Einstieg ist, aber sie ist auf gewisse Art und Weise witzig und überraschend. [6 von 10]



Ich war einen Hauch gestresst.


Auch diesen Anfang mag ich nach wie vor. (Auch wieder ein Start von Erin. Wie alle der erwähnten Anfänge, die nicht von mir sind.) Niemand ist einfach so gestresst, also wir ein Konflikt in Aussicht gestellt. Die Formulierung 'ein Hauch' gibt relativ gut den emotionalen Stress wieder, mit dem der Protagonist sich auseinandersetzen muss, aber nicht ganz unterdrückt bekommt. [7 von 10]



Wie sieht es bei dir aus?


Hast du dir - egal ob jetzt als Leser oder Schreiber - je Gedanken um den ersten Satz gemacht? Oder ist dir auch ein wenig durch die Lappen gegangen, welche Wichtigkeit der erste Satz doch besitzt?


Hast du schon mal ganz bewusst ein Buch zurück ins Regal gestellt, weil dir der Anfang nicht zusagte?

Oder hast du schon mal ein Buch geschrieben, auf dessen Beginn du richtig stolz bist?

Teil deine Erfahrungen mit uns :)


Fazit


Fakt ist: Der Beginn ist wichtig. Viel wichtiger, als einem oft bewusst ist und wenn man nicht aufpasst, kann er auch schon wieder das Ende sein.

Wir werden uns auf jeden Fall bemühen in Zukunft noch bessere Einstiege für unsere Leser zu schaffen, schließlich geht mit einem guten Start oft auch ein gewisses Lesevergnügen einher. Lesen soll Spaß machen. Also ist es an uns, uns stetig zu verbessern und den Text so interessant und fesselnd wie möglich zu gestalten - und das von der ersten Seite an.

Keine halben Sachen in diesem Haushalt!


Riot!

Ria ♥


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